Resolution zur Unterstützung der Hochschulen in Halle

Die Mitgliedervollversammlung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Halle (Saale) hat am 08. Mai 2013 einstimmig die Resolution „Sparen – egal was es kostet?“ zur Unterstützung der Hochschulen in Halle verabschiedet. Ebenfalls einstimmig wurde der Beitritt zum „Hochschulbündnis Sachsen-Anhalt – Perspektiven gestalten“ beschlossen.  

Die Stadtratsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hatte bereits in den vergangenen Monaten wiederholt die Zukunft der MLU und des Uniklinikums im Stadtrat thematisiert und auch die jüngst gemeinsam verabschiedete Entschließung des Stadtrates mitinitiiert. Die Grüne Ratsfraktion ist bereits am 06. Mai dem Hochschulbündnis beigetreten. 
 

Sparen – egal was es kostet?

Halle ist seit 1694 Universitätsstadt. Aufklärung, Pietismus und die Geschichte der Wittenberger Leucorea machen die unverwechselbare Tradition der Martin-Luther-Universität aus. Im 19. Jahrhundert zu einer der bedeutendsten Hochschulen im deutschen Sprachraum herangewachsen, geriet die Universität in den 1920er Jahren in eine existentielle Krise. Wiederholt sich nun – knapp 100  Jahre später – die Geschichte?

Die Kürzungspläne der Landesregierung lassen Schlimmes für Halles Hochschulen befürchten: Für die Martin-Luther-Universität, die Kunsthochschule Burg Giebichenstein und die Evangelische Hochschule für Kirchenmusik. Aber auch die benachbarte Hochschule Merseburg sowie die gesamte Hochschullandschaft Sachsen-Anhalts sind bedroht: 76,5 Mio. Euro wollen Ministerpräsident Haseloff (CDU) und Finanzminister Bullerjahn (SPD) bei den Hochschulen im Land einsparen. Kritik an diesem radikalen Kurs kostete Wirtschafts- und Wissenschaftsministerin Brigitta Wolf das Amt. Ihr Nachfolger Hartmut Möllring äußerte, wegen des Hochschulressorts wäre er nicht nach Sachsen-Anhalt gekommen. Der Rektor der MLU sprach in diesem Zusammenhang von einer „Kriegserklärung an die Hochschulen“.

Grüne aus Halle wehren sich gegen diese fatale Entwicklung: Im Landtag, im Senat der MLU, auf der Straße und im Stadtrat.  Claudia Dalbert sagte am 14. Dezember 2012 im Landtag: „In der Hochschule werden die Menschen ausgebildet, die dann in den nächsten Jahren ganz maßgeblich über die Zukunft des Landes entscheiden werden. Deswegen ist es so wichtig, dass die Hochschulen eine gute Entwicklung nehmen.“ Bereits im November 2012 hatte der Stadtvorsitzende Oliver Paulsen erklärt: „An der Universität Halle hängt die Zukunft unserer Stadt. Es ist daher dringend notwendig für eine angemessene Finanzierung des Studierendenrekords zu kämpfen.“ Jetzt endlich hat auch der gesamte Stadtrat ein klares Bekenntnis zu Halles Hochschulen samt Universitätsklinik abgelegt. BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN stehen hinter diesem Bekenntnis. Ebenso unterstützen wir die Resolution des Senats der MLU zu den aktuellen Haushaltsplanungen der Landesregierung für die Hochschulen. Denn allein die öffentlichen Überlegungen der Regierung sind eine Negativkampagne für den Wissenschaftsstandort Sachsen Anhalt.

Die Pläne der Landesregierung beruhen auf veralteten Prognosen zur Entwicklung der Studierendenzahlen, die von dem Prognoseersteller bereits als unzutreffend zurückgezogen wurden. Auch lässt die Landesregierung die wirtschaftlichen Negativeffekte solcher undifferenzierter Kürzungspläne völlig außer Acht. Eine Studie über „Die Universität Halle als hochrangiger regionaler Wirtschaftsfaktor“ (Klaus Friedrich/Anne Rahmig) beziffert die jährlichen Gesamtausgaben der MLU sowie ihrer Studierenden, Mitarbeiterinnen, Mitarbeiter und mit ihr direkt verbundener Organisationen für das Jahr 2010 mit ca. 506 Mio. Euro. Davon waren allein ca. 42 % studentische Ausgaben (etwa 212 Mio. Euro). Im Jahr 2000 lag der Wert der studentischen Ausgaben noch bei etwa 74 Mio. Euro (DM-Betrag entsprechend der Kaufkraft in 2010 umgerechnet). Der deutliche Zuwachs zwischen 2000 und 2010 ist primär der stark gestiegenen Studierendenzahl geschuldet. Bei weniger Einschreibungen würden diese studentischen Ausgaben, und damit die Einnahmen für die regionale Wirtschaft, deutlich sinken. Auch große Teile der Personalausgaben von ca. 124 Mio. Euro (Summe aus Haushalts- und Drittmitteln in 2010) finden sich in der regionalen Wirtschaft wieder. Hiervon bleiben etwa 79% in der Hochschulregion bzw. ca. 58% direkt in Halle selbst. Alles in allem verbleiben mit 282 Mio. Euro mehr als die Hälfte der Gesamtausgaben der MLU allein in Halle. Sowohl die Stadt Halle als auch das Land Sachsen-Anhalt profitieren also durch die Bekämpfung von Wohnungsleerstand, die Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen und die Stärkung der regionalen Wirtschaft unmittelbar von Investitionen in die Hochschulen.

Diese Fakten entbinden allerdings nicht von einer abwägenden hochschulpolitischen Profil- und Strukturdiskussion. Diese kann jedoch erst seriös auf der Grundlage der Empfehlungen des Wissenschaftsrates geführt werden, die Mitte des Jahres vorliegen werden. Schon heute sagen wir allerdings: BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN werden einen massiven Abbau von Studien- und Arbeitsplätzen an Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Halle nicht hinnehmen. Sind doch der Zuzug von Studierenden und der Verbleib vieler Akademikerinnen und Akademiker für Weltoffenheit und Wirtschaftsentwicklung unserer Stadt von großer Wichtigkeit. Über 22.000 Studierende an den Hochschulen aus dem In- und Ausland bereichern Kunst und Kultur, ja das ganze Leben einer Stadt, deren Toleranz und Internationalität uns am Herzen liegt.

Wir wollen zukunftsfähige und ausfinanzierte Strukturen für unsere Hochschulen im Lande. Wir werden gemeinsam mit allen AkteurInnen, die für eine gute Zukunft der Hochschulen in Halle, Merseburg und ganz Sachsen-Anhalt einstehen, zusammenarbeiten und entschlossen weiterkämpfen.

  • Wir fordern ein Moratorium der Kürzungspläne bis Mai 2014.
  • Nach Vorliegen der Empfehlungen des Wissenschaftsrates im Sommer 2013 fordern wir einen ergebnisoffenen Diskussionsprozess mit allen AkteurInnen und relevanten gesellschaftlichen Gruppen zur Erstellung eines zukunftsfähigen Entwicklungsplanes für die Hochschullandschaft in Sachsen-Anhalt. 
  • Wir fordern, dass der Wissenschaftsminister die Moderation dieses Prozesses übernimmt.
  • Wir fordern, dass ein zukunftsfähiger Entwicklungsplan für die Hochschullandschaft in Sachsen-Anhalt die wissenschaftliche Qualität, die regionalpolitische Bedeutung sowie die Verantwortung für die Ausbildung für im Lande dringend benötigter Berufe, wie etwa MedizinerInnen und LehrerInnen, gleichermaßen in den Blick nimmt.

Diese Resolution gibt es auch als pdf-Datei zum Download

 

Anträge der Stadtratsfraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zum Thema: 

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