„Die freiberuflich arbeitenden Hebammen mussten in den letzten 10 Jahren eine Erhöhung der Berufshaftpflichtprämien um 700% verkraften und 2015 besteht die Gefahr, dass es gar keine Möglichkeit mehr geben wird freiberuflich und in der Geburtshilfe zu arbeiten. Das ist aber nicht nur ein Thema für die Hebammen selbst sondern gerade für die Frauen und ihre Familien, für die es dann keine Wahlfreiheit mehr gibt!“ So eröffnete die Vorsitzende des Landeshebammenverbandes Petra Chluppka die Veranstaltung am Freitag, 24. April am Peißnitzhaus die mit wunderschönen Bildern einer Wassergeburt zu Hause begonnen hatte.
Die Gäste waren der Einladung von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Halle (Saale) gefolgt um die Hintergründe des landesweiten Protestes zu verstehen und mit Petra Chluppka und Dr. Inés Brock zu diskutieren. Besonders unverständlich war den ZuhörerInnen, dass die Schadensfälle gar nicht angestiegen sind und das es nicht die Eltern sondern die Sozialversicherungsträger sind, die Schadensersatzansprüche in Millionenhöhe auch noch nach 30 Jahren bei Hebammen einklagen können.
Als Lösung auf Bundesebene wird ein Haftungsfond angestrebt, der die Summen oberhalb einer vertretbaren Grenze der Solidargemeinschaft übergibt. Vergütungserhöhungen können diese Kostenspirale nicht abfedern. Zeichnet sich eine hebammengeleitete Geburt doch gerade dadurch aus das wenig eingegriffen wird. Hebammenkunst ist die gekonnte Nichtintervention und Prävention.
In diesem Zusammenhang ergänzte Dr. Inés Brock wichtige Befunde aus der Hebammenforschung und Geburtshilfe, wie z.B. die hohe Kaiserschnittrate von in Deutschland 32 %, die für Kind und Mutter einen oftmals unnötig komplizierten Start ins gemeinsame Leben bedeutet. Bei außerklinischen Geburten sind die Frauen zufriedener, die Kinder werden länger gestillt. Außerdem entstehen geringere Kosten. Nur 1,3% müssen in Eile verlegt werden. Und insgesamt kommen 91% aller Kinder ohne Komplikationen spontan zur Welt.
Ausschnitte aus zwei Filmen über natürliche Geburten zeigten die emotionale Seite dieses wunderbaren Ereignisses. In Sachsen-Anhalt ist Halle die Hochburg der außerklinischen Geburt, aber auch im Burgenlandkreis arbeiten viele Beleghebammen. Wenn es bis nächstes Jahr keine Lösung gibt, können diese Geburten nicht mehr stattfinden und die (werdenden) Mütter werden keine Hebamme mehr finden, die sie persönlich begleitet.
„Die Frauen bekommen hier in Halle ihre Kinder, somit ist es auch unsere Aufgabe den Bestand der Geburtshäuser zu sichern und Hausgeburten weiterhin möglich zu machen. Diese biographisch so wichtige Übergangssituation braucht Schutz und Selbstbestimmung. Halle(Saale) könnte eine Modellkommune selbstbestimmte Geburt werden wozu auch die Geburtskliniken mit einer Senkung der Kaiserschnittraten beitragen könnten.“ blieb Dr. Inés Brock optimistisch und forderte die Gäste auf sich an PolitikeInnen auf allen Ebenen mit ihrem Protest zu wenden um ihr Recht auf Selbstbestimmung einzufordern.